Raussendorf

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Heute hat die Traditionsfirma Raussendorf ihren Sitz in der ehemaligen Papierfabrik von Obergurig. Die denkmalgeschützte Fabrikanlage an der Spree ist ein imposantes Bauwerk. Angefangen aber hat alles viel bescheidener, nämlich 1856 im Oberguriger Ortsteil Klein-Boblitz. Hier hatte sich der Schmied Friedrich-August Raussendorf eine Werkstatt zum Bau von Häckselmaschinen eingerichtet. Zwei seiner Söhne führten den Bau von Landmaschinen später fort. 1876 verließ die erste fahrbare Dreschmaschine die Werkstätten.

Der große Erfolg kam mit Hermann Raussendorf und seinem Erfindergeist. Der Enkel des Gründers ging nach Ende seiner Schulzeit 1904 in der Tischlerwerkstatt seines Vaters in die Lehre. Hermann erwies sich als begabter Tüftler und sollte mit seinen Entwicklungen den Bau von Strohpressen maßgeblich beeinflussen. Noch als Lehrling entwickelte Hermann Raussendorf eine neuartige Strohpresse. Die Bauern droschen ihr Getreide damals schon teilweise maschinell, hatten aber Schwierigkeiten, die dabei anfallenden großen Mengen Stroh mit der üblichen Zahl an Erntehelfern zu verarbeiten. Hermann Raussendorf konnte mit seiner selbstbindenden Strohpresse mit patentierter Strohzuführung Abhilfe schaffen.

Der Betrieb spezialisierte sich in den folgenden Jahren ganz auf den Bau von Strohpressen. Die Zahl der Mitarbeiter stieg schnell an. Der Erste Weltkrieg allerdings bremste auch das Unternehmen in der Oberlausitz aus. Von der zu Kriegsbeginn 40 Mann starken Belegschaft mussten 34 in den Krieg, auch Hermann Raussendorf selbst. Er kam zurück und gemeinsam mit seinem Bruder Gerhard und den bald 100 Mitarbeitern schaffte er es, das Unternehmen Raussendorf wieder groß zu machen.

Mit Erfahrung und Innovationsgeist gelang es den Brüdern, die Landmaschinen von Raussendorf zu einem gefragten Produkt zu machen. Die Entwicklung der „Kombinus“ Mitte der 1930 er Jahre, einer Maschine zum Dreschen von Getreide und zum Pressen von Stroh, war eine der technischen Glanzleistungen von Raussendorf. Vor Beginn des Zweiten Weltkriegs produzierten die etwa 700 Beschäftigten von Raussendorf jährlich bis zu 1.000 Dreschmaschinen und 6.000 Strohpressen, davon einen großen Teil für den Export.

Nach Kriegsende wurde der Betrieb in Singwitz demontiert. Gerhard Raussendorf gründete 1946 eine neue Firma, den „Knüpferbau“, der 1972  verstaatlicht und später dem Fortschritt-Kombinat angegliedert wurde.

Aus der Firma Hermann Raussendorf wurde ein Volkseigener Betrieb.

So überdauerte die Tradition des Landmaschinenbaus in der Gemeinde Obergurig die Jahrzehnte bis zum Ende der DDR. 1991 kaufte Horst Raussendorf die Firma seines Vaters Gerhard von der Treuhand zurück und gründete sie neu als „Raussendorf Maschinen- und Gerätebau GmbH“.  Seit 2005 arbeitet das Unternehmen in der sanierten ehemaligen Papierfabrik in Obergurig und gibt dem Landmaschinenbau im Spreetal eine Zukunft.

Audioguide:
Stroh zu Gold – Die Geschichte von Herrmann Raussendorf

Raussendorf in der ehemaligen Papierfabrik
(heute Sitz der Raussendorf Maschinen- und Gerätebau GmbH)
Schulstraße 21
02692 Obergurig