Papierfabrik

« Zurück

Für die Ansiedlung einer Papierfabrik ist die Lage von Obergurig im Spreetal ideal, denn die Herstellung von Papier ist eine wasserintensive Angelegenheit. Und ausreichend Wasser in guter Qualität lieferte den Oberguriger Papiermachern die Spree als Antriebskraft und die Quellen an den Berghängen als wichtiger Bestandteil für den Papierrohstoff. Noch heute sprudelt Quellwasser aus einer alten Leitung am unteren Dorfplatz über das steinerne Wappen von Obergurig.

Papier kam erst im 12. Jahrhundert aus China über Arabien nach Europa und trat mit der Erfindung des Buchdruckes im 15. Jahrhundert endgültig seinen Siegeszug an.

Über einen langen Zeitraum, bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein, waren Lumpen aus Baumwolle, Leinen und Hanf der Ausgangsstoff für die Herstellung von Papier. Auch in der Oberguriger Papiermühle mussten diese zunächst sortiert und aufgetrennt werden. Diese Arbeit erledigten häufig Frauen und Kinder. Die so vorbereiteten Stoffreste wurden nun im Stampfwerk viele Stunden lang zu einem Faserbrei vermahlen. Als Antrieb für das Stampfwerk wurden die großen Wasserräder der Mühle benötigt. Nachdem die Fasern mit viel Wasser vermischt wurden, begann das eigentliche Schöpfen des Papiers. Viele Arbeitsschritte waren notwendig, um am Ende einen Bogen des wertvollen Papiers in den Händen halten zu können.

In den Chroniken von Obergurig findet sich die erste Spur der Papiermacher 1560. In diesem Jahr wurde die Erlaubnis zum Bau einer Papiermühle erteilt. 1573  gehörte sie dem Papiermacher Blasius Adam. Nur wenige erfolgreiche Jahrzehnte waren der Papiermühle im Ort vergönnt. Im Dreißigjährigen Krieg, der Europa zwischen 1618 und 1648 beinahe komplett verwüstete, verfiel sie zusehends.  

Dafür erlebt sie im 19. Jahrhundert eine Blütezeit. 1804 kauft die Familie Fischer die Papiermühle von Obergurig. Die Industrialisierung mit ihren vielen technischen Innovationen sorgt dafür, dass 1842 eine erste Papiermaschine aufgestellt werden konnte. Nun war aus der Papiermühle eine richtige Fabrik geworden. Für die optimale Beleuchtung der Produktionsräume wurde ein eigenes Gaswerk in die Fabrik gebaut, das auch für die erste Straßenbeleuchtung im Ort sorgte. Papier wurde in Obergurig bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges hergestellt. Nach der kompletten Demontage des Betriebes durch die Sowjetunion wurde das imposante Fabrikgebäude in den nachfolgenden Jahrzehnten auch für den Landmaschinenbau genutzt. Das volkseigene Fortschritt-Kombinat brachte hier unter anderem Teile seiner Verwaltung, das Konstruktionsbüro, eine Lehrausbildungsstätte und ein Ersatzteillager unter.

Nach dem Ende der DDR blieb die Anlage bis 1999 ungenutzt. Das unter Denkmalschutz stehende Fabrikgebäude drohte zu verfallen. Von Abriss war die Rede und von der Umgestaltung zu einem Freizeitpark. Dem Engagement von Bürgern, Unternehmen und der Kommune ist es zu verdanken, dass die ehemalige Papierfabrik an der Spree auch heute wieder Betriebe beherbergt und die Tradition des Industriestandortes Obergurig weitergeführt wird. Denn im Jahr 2002, als es eine Förderzusage des Landes gab, erwarb die Gemeinde das Objekt und begleitete die Sanierung. Seit Abschluss der Sanierung ist die ehemalige Papierfabrik am Ufer der Spree nun wieder Heimat für Industriebetriebe, so zum Beispiel für die traditionsreiche Firma Raussendorf.

Lassen Sie sich an der ehemaligen Papierfabrik von der Kraft der Spree, die heute dort wieder eine Turbine zur Öko-Stromerzeugung antreibt, beeindrucken  und tauchen Sie ein in die Erinnerung!

Papierherstellung im 16. Jahrhundert © Jost Amman

Audioguide:
Das Licht – Die Geschichte über die Erweiterung

Ehemalige Papierfabrik Obergurig
Schulstraße 21